Psst, so ganz unter uns: Als ich die Einladung zur Elternschule mit dem Thema„Friedenserziehung“ las, dachte ich an etwas völlig anderes als es letztlich war.
Du darfst gerne mal überlegen, was dir bei dem Stichwort „Friedenserziehung“ als erstes in den Sinn kommt und dann mit dem abgleichen, was tatsächlich der Inhalt war. Los geht’s:
Die Elternschule wurde von zwei Lernbegleiterinnen engagiert vorbereitet und geleitet. Zu Beginn haben sich alle teilnehmenden Eltern in einem Kreis auf dem Boden versammelt. In der Mitte des Kreises befanden sich verschiedenste Materialien wie Perlen, Steine, Schnüre, Holzstäbchen und einiges mehr. Die Lernbegleiterinnen stellten diese Fragen: Wie fühlst du dich gerade? Warum bist du da? Was bewegt dich gerade? Dazu durften sich die Eltern Materialien aussuchen und gerne auch ein Bild damit legen.
Diese Aktion wird an der Freien Montessori-Schule Darmstadt auch mit den Kindern gemacht. Warum? Es schafft einen Rahmen für die Kinder, ihre Stimmung und Gefühle zu kommunizieren und sich gegenseitig dazu auszutauschen.
Als zweiter Part folgte eine Präsentation. Hier nahmen uns die Lernbegleiterinnen zunächst ein wenig mit in das Leben und die Lehre von Maria Montessori: Diese war selbst Zeitzeugin dreier Kriege in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts. Dabei hat sie das Schicksal, die Not und das Leid vieler traumatisierter Kinder erlebt. Sie sah demnach das oberste Ziel der Erziehung darin, in einem gewaltfreien jahrelangen Prozess die Fähigkeit und den Willen zum Frieden in Kindern und Jugendlichen aufzubauen.
„An den Frieden denken, heißt an die Kinder denken.“
Dr. Maria Montessori
Es wurde während der Präsentation zudem deutlich, dass an der Freien Montessori-Schule Darmstadt die Aspekte der Friedenserziehung nach Maria Montessori im Rahmen der „kosmischen Erziehung“ auf vielfältige Art in die Lerninhalte und den Schulalltag einfließen. Dazu zählen zum Beispiel die Wissensvermittlung auf Augenhöhe, die Kreisgespräche in der Klasse (konstruktive Diskussionen), die Patenschaften für neue Kinder an der Schule (sich Kümmern, aufeinander Achten) und vieles mehr. Wow! Dieser Zusammenhang war mir bisher nicht bewusst.
Danach widmeten wir uns dem Thema „Konflikte bearbeiten“. Ein wichtiger Punkt, den die Lernbegleiterinnen zu Beginn nannten: Die Kinder an der Freien Montessori-Schule Darmstadt lernen, dass Konflikte nichts Negatives sind, denn wo Menschen zusammentreffen, entstehen Konflikte. Das ist einfach so. Ein Streit ist lediglich die Zuspitzung eines Konflikts, der nicht früh genug gelöst wurde.
Daraufhin erklärten uns die Lernbegleiterinnen die Vorgehensweise für die Bearbeitung eines Konflikts. Diese folgt dem Bensberger Mediationsmodell, das für eine konstruktive Konfliktkultur steht. Hier fungiert eine Person als Mediator:in während eines Konfliktgesprächs, das nach einem strukturierten Leitfaden erfolgt.
Die Kinder und Jugendlichen lernen dabei gewaltfrei und eigenverantwortlich eine Lösung zu finden. Ich würde sagen: dieses Modell sollte auch jede:r Erwachsene kennen.
Außerdem sprachen wir über die Rolle der Eltern bei einem Streit des eigenen Kindes in der Schule: Natürlich bringen die Kinder immer mal wieder Konflikte aus der Schule mit nach Hause und es wichtig, dass wir als Eltern dem ein offenes Ohr schenken. Allerdings sollten wir die Konflikte unserer Kinder nicht versuchen, von zuhause aus zu bearbeiten und zu lösen, sondern unsere Kinder ermutigen, dies ggf. mit Unterstützung der Lernbegleiter:innen selbstständig in der Schule zu tun.
Im Anschluss folgte der Praxistest: Die Lernbegleiterinnen schilderten uns eine beispielhafte Streitsituation unter Kindern. Daraufhin bildeten die teilnehmenden Eltern kleinere Gruppen. Mit den Rollen Mediator:in, zwei Streitparteien und Eltern spielten wir das Konfliktgespräch in der Schule sowie die Situation zuhause mit den Eltern durch.
Die Erkenntnis: Das Bensberger Mediationsmodell ist ein sehr guter Leitfaden für eine strukturierte Herangehensweise. Aber die Bearbeitung und Lösung eines Konflikts ist gar nicht so einfach – je nachdem wie intensiv die Emotionen sind und wie sehr die Streitenden jeweils auf ihrem Standpunkt beharren. Für eine gute Mediation ist es auf jeden Fall wichtig, objektiv und ruhig zu bleiben, um den Rahmen für eine eigenverantwortlichen Konfliktlösung der Streitenden zu schaffen.
Und was sagst du? Entspricht das deiner ersten Assoziation zu dem Stichwort „Friedenserziehung“?
Ich habe die Elternschule auf jeden Fall als erkenntnisreich und augenöffnend erlebt. Wir haben wertvolle Hintergrundinformationen und Einblicke in den Alltag an der Freien Montessori-Schule Darmstadt bekommen sowie in den wertschätzenden Umgang der Lernbegleiter:innen mit unseren Kindern.
Daher kann ich nur alle Eltern ermutigen, bei der nächsten Elternschule dabei zu sein. Es lohnt sich!